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Zwischen Aufbruch und Ausbruch – die Weine des Ätnas


Im Mai 2021 war es wieder einmal soweit: Der Ätna spuckte Asche, Feuer und Lava. Auf bis zu 4000 Meter stiegen die Eruptionen des rund 3300 Meter hohen Vulkans und boten ihr imposantes Schauspiel. Aber auch ein gefährliches, dem in der Vergangenheit immer wieder Häuser, Hab und Gut der Anwohner zum Opfer fielen. Seit vor 30 Jahren große Teile des Gebiets um den Gipfel des Ätnas zum Naturschutzgebiet erklärt wurden, reicht die Bebauung mit Häusern nicht mehr so nah an den Krater heran und die Schäden nach solchen Ausbrüchen sind zurück gegangen. Die Sizilianer halten respektvollen Abstand von „Mama Ätna“, wie sie ihren Vulkan nennen. Und doch sind die Bedingungen an den Hängen des Berges zu reizvoll, als dass man sie nicht nutzen will.

Der Ätna ist in den vergangenen Jahren der große Sehnsuchtsort des sizilianischen und auch des italienischen Weinbaus geworden. Klima, Boden und eine einzigartige Landschaft wecken die Begehrlichkeiten der Winzer – und der Weinliebhaber. Vier, fünf Winzer mühten sich Ende der 1980er Jahre in den steilen Hängen des Vulkans. Weine aus Sizilien galten damals als alkoholisch und säurearm. Heute tummeln sich mehr als 150 Winzer an den Hängen des Vulkans, berühmte Namen vom italienischen Festland ebenso wie Quereinsteiger und Individualisten. Sie suchen Eleganz, Feinheit und Charakter. Denn die Weine, die hier gekeltert werden, haben eine ganz individuelle und in Italien – vielleicht sogar weltweit – einzigartige Stilistik.

Weinbau an einem aktiven Vulkan

Es ist nur schwer vorstellbar, dass auf dem schwarzen Gestein rund um den Vulkan, dass nach dem Erkalten der Lava und der Asche zurückbleibt, überhaupt jemals etwas wachsen kann. „Es ist ein großer Unterschied, ob man am Fuße eines aktiven Vulkans Weinbau betreibt oder an einem toten“, erzählt Christian Liistro von der Tenuta di Terre Nere. Der Ätna sei immer aktiv und durch die Eruptionen und den Wind „weht permanent Asche in die Weinberge.“ Die wirkt wie ein natürlicher Dünger, bringt unzählige, wichtige Mineralien mit und sorgt für das besondere Aroma der Weine. Mineralien sind auch in der erkalteten Lava reichlich vorhanden. Darüber hinaus profitieren die Pflanzen von der großen Wasserhaltefähigkeit des Bodens. Während das Umland unter der Hitze und Trockenheit im Laufe des Sommers schnell braun wird, protzt das Land auf dem Ätna mit sattem Grün. „Kaffee, Reis, Oliven, Orangen, die besten Produkte der Welt kommen von vulkanischer Erde“, ist Christian Liistro überzeugt.

Die Tenuta di Terre Nere gehört zu Aushängeschildern des Weinbaus am Fuße des Ätnas. Vor mehr als 20 Jahren gründete Marco di Grazia das Weingut, der schon damals kein Unbekannter in der italienischen Weinbranche war: Als Mitgründer der Barolo Boys hatte er dem Barolo zu einem neuen Höhenflug verholfen. Fasziniert von den Weinen des Ätna, seiner Landschaft und den Möglichkeiten vor Ort entschied er sich, hier seinen eigenen Wein zu keltern. Schon vom ersten Jahrgang an traf er einige grundsätzliche Entscheidungen, die bis heute gelten. „Wir arbeiten seit 2002 organisch, sind seit 2008 zertifiziert“, erzählt der Marketingleiter. Außerdem entschied sich Marco di Grazia, die „Crus“ – hier heißen sie Contrade – einzeln auszubauen, also in kleinen Gebinden. „Die Böden sind hier extrem unterschiedlich, manchmal auf kleinstem Raum“, erklärt Christian Liistro. In Santo Spirito beispielsweise habe der Boden die Konsistenz von Talkumpuder, man laufe knöcheltief in der weichen Asche. „Da brauchen wir extrem leichte Maschinen und die Arbeiter tragen immer Maske, um den feinen Staub nicht einzuatmen.“ An anderer Stelle ist der Boden von scharfkantigen Steinen durchzogen, sodass freilaufende Hunde sich die Pfoten blutig laufen und die Arbeiter auf festes Schuhwerk achten müssen. „Auch Traktoren haben hier ein Problem, weil die Steine die Reifen zerschneiden.“ Einer der vielen Gründe, warum in den Weinbergen am Ätna Handarbeit oft alternativlos ist.

Auch das Mikroklima sei überall anders, daher müsse man ständig in den Weinbergen unterwegs sein. „Der Ätna raucht permanent, es ist also immer irgendwo wolkig, deshalb macht es einen großen Unterschied, ob man auf der Nordseite des Ätnas Weinberge hat, oder im Süden und Osten.“ Der Großteil der Weinberge der 33 Hektar der Tenuta liegt auf der Nordseite des Vulkans. „Hier wachsen die besten Rotweine des Ätnas“, ist Christian Liistro überzeugt. Immerhin fällt hier zweimal so viel Regen wie auf dem Rest der Insel. Ein uralter Weinberg mit zum Teil bis zu 200 Jahre alten Reben stammt noch aus der Zeit, bevor die Reblaus auch auf Sizilien wütete. „Es ist ein Riesenzufall, dass der Weinberg bei allen Ausbrüchen des Vulkans verschont geblieben ist“, so Christian Liistro. Für Weißweine sind die Bedingungen im Osten und im Süden besser, weshalb die Tenuta auch dort kürzlich in jeweils zwei Hektar investiert hat.

Die Entwicklung der Ätna-Weine

Das hohe Ansehen der Ätna-Weine ist nicht neu, es schien nur lange in Vergessenheit geraten. Schon in der 1596 veröffentlichten „Geschichte der Weine Italiens“ standen sie im Ruf, eine außerordentliche Qualität zu haben, die in erster Linie auf den Einfluss des Vulkans zurückzuführen sei. Die heimischen Rebsorten des Ätna kann man als autochthon bezeichnen: Nerello Mascalese, Nerello Cappuccio, Minella Nera und Cesanese d’Affile bei den Roten, sowie die Weißen Sorten Carricante, Grecanico, Minella, Coda di Volpe und Inzolia wachsen nur hier. Sie sind Teil der 1968 gegründeten DOC Etna und gedeihen auf bis zu 1000 Höhenmetern. Das mildert im Sommer die Hitze in den Weinbergen und ermöglicht bei Temperaturunterschieden von bis zu 25 Grad die Produktion von knackigen Weinen, die eine in südlichen Ländern eher ungewöhnliche Säurestruktur mitbringen.

Auf der anderen Seite des Bergs, im Süden, engagiert sich seit 2017 einer der Großen der italienischen Weinszene. Angelo Gaja war schon Ende der 90er am Ätna unterwegs und fasziniert vom besonderen Charisma dieses Ortes. „Es ist – abgesehen von Langhe – die einzige Region in Italien mit einer historischen Terroir-Kultur“, sagt seine Tochter Gaia Gaja über die Vulkanregion. Der Zeitpunkt für ein weiteres Engagement im Süden Siziliens erschien aber ungünstig, Gajas Pieve Santa Restituta war gerade auf den Markt gekommen und der Ca’Marcanda steckte noch in den Kinderschuhen und erforderte alle Aufmerksamkeit. Als Angelo Gaja 2015 Alberto Graci traf, waren die Umstände für ein Projekt günstiger. „Da trafen zwei Männer mit ähnlichen Ideen zusammen, die analytisch und schnell denken, eine tiefe Überzeugung für ihre Arbeit haben und stolz auf die Region sind, in der sie leben“, beschreibt Gaia Gaja die Chemie zwischen den beiden. Aus der Bekanntschaft wurde schnell Freundschaft, und Angelos Faszination für den Ätna bekam neuen Auftrieb. „Das passte auch zu unseren Überlegungen, dass Weinberge in großen Höhen eine Antwort auf die klimatischen Veränderungen sein werden.“ Immerhin ist der Ätna die höchstgelegene Weinregion Europa, dazu sind Carricante und Nerello Mascalese spät reifende Rebsorten. Im Jahr 2017 machte Angelo Gaja ernst und kelterte zusammen mit Alberto Graci seine ersten Weine am Ätna. „Wir haben uns bewusst für Weinberge an der Südseite entschieden“, sagt Gaia Gaja. „Und den Fokus auf Carricante gelegt.“ Die fast scharfe Säure der weißen Rebsorte ist für Gaia Gaja ein unschätzbarer Vorteil und sie verspricht sich – in Verbindung mit den südlich ausgerichteten Berghängen – eine elektrisierende Wirkung in den Weinen. „Die Zeit wird zeigen, ob wir damit richtig liegen.“ Die ersten Jahrgänge sind vielversprechend. „Die Weine haben Spannung, Präzision und Frische. Und sie haben einen fesselnden Charakter“, ist die erfahrene Weinmacherin schon jetzt begeistert. „Ihre Aromen verbinden mich direkt mit diesem Berg: der Duft von Pistazien, Orangen, Tomaten, rauchige Noten und die Salzigkeit des Meeres.“ Insgesamt 21 Hektar umfasst das Projekt aktuell, davon sind zwölf in Ertrag, acht wurden in den beiden vergangenen Jahren neu bepflanzt. „Außerdem haben wir noch einen sehr alten, fünf Hektar großen Weinberg mit einem gemischten Satz der typischen Weiß- und Rotweinsorten, den wir versuchen wieder zu aktivieren.“

Vom Sonderstatus der Ätna-Weine ist auch Frederico Zanuso überzeugt. Die Weinberge der Tenuta Rapitala liegen ebenfalls auf der Nordseite des Berges. „Hier wachsen die besten Weine am Ätna“, ist er überzeugt. Die meisten der 160 Hektar Weinberge der Tenuta liegen aber rund um Alcamo, südwestlich von Palermo, einer der ältesten Städte Siziliens. Auch hier wachsen Reben auf bis zu 600 Metern Höhe. Auf der Tenuta wird vor allem Nero d’Avola angebaut, die sizilianische Rebsorte schlechthin. Lange war sie als streng und von hohen Alkoholwerten verrufen. „Unsere Antwort darauf ist, die Sorte in möglichst großer Höhe anzubauen, so vermeiden wir Überreife“, berichtet Frederico Zanuso. Ziel ist es, die Balance zwischen Zucker und Säure zu finden und die Weine jung zu halten. Dass der Wind vom Meer den Weinen eine salzige Note mitgibt, ist für Zanuso kein Widerspruch. Im Gegenteil. „Diese Note im Wein macht Appetit auf das nächste Glas und passt perfekt zum sizilianischen Essen.

Der Reichtum der Böden, des Klimas und der Weine spiegelt sich im Namen des Weinguts wider: Rabat-Allah, der Garten Gottes. In diesem Garten pflanzte die Familie des Gründers, des Grafen Hugues Bernard von Gatinais als eine der ersten auch internationale Sorten. Aus Chardonnay erzeugen sie seitdem einen im Holzfass ausgebauten Weißwein im Stile Burgunds. Auf den Höhen der Hänge wächst aber auch Pinot noir. „Die Weine am Fuß der Berge sind deutlich kraftvoller, hier ernten wir auch Cabernet Sauvignon“, erklärt Frederico Zanuso.

Die Zukunft des Terroirweins vom Ätna

Für Gaia Gaja steht fest, dass Sizilien und der Ätna im Besonderen sein Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft hat. „Der Beweis, dass die Weine am Ätna auch reifen können, steht noch aus. Aber wir sind davon zutiefst überzeugt, dass die Weine mit zunehmendem Alter auch viel deutlicher ihre Tiefe und ihren Ausdruck zeigen werden.“ Gleichzeitig sieht sie noch weitere Möglichkeiten, den Weinbau am Krater weiterzuentwickeln: „Ich glaube fest, dass gerade hier an der Südseite des Ätnas noch viele Hänge weiter oben ideale Bedingungen für Weinbau bieten. Das Engagement bedeutet ihr aber viel mehr als einfach nur ein neues Weinprojekt, eher eine besondere Erfahrung. „Es ist ein besonderer Ort, die mächtige Präsenz des Vulkans erinnert dich täglich daran, wie unbedeutend man selbst ist, wie kurz das Leben ist und wie still und bescheiden unsere Zeit auf der Erde und die Spuren, die wir hinterlassen, sein sollten. Das ist eine sehr wichtige Haltung, wenn man mit dem Land arbeitet und besonders, wenn man Wein macht. Der Ätna schärft dieses Bewusstsein.“

“Alles auf Sizilien ist voller Geschmack, alles ist intensiv und es ist auch alles ein wenig extrem, weil es eben eine Insel ist“, sagt Frederico Zanuso. Vor allem aber sind die Weine vom Ätna der Inbegriff des Terroirweins, denn sie spiegeln die Einflüsse der Umgebung, des Bodens, des Klimas und der Menschen auf eine unverwechselbare Weise wider und machen so den Vulkan ganz unverfälscht schmeckbar.

Autor/-in Kristine Bäder

Weinjournalistin

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