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Der Sellerietrick: So wird alter Wein wieder munter


Sellerie stammt aus dem östlichen Mittelmeerraum, wo er auf salzhaltigen Böden wächst. Die krautige Pflanze ist heute fester Bestandteil der klassischen Küche, wird gerne als gesunde Gemüse-Knabberei zum Aperitif serviert und veredelt jedes Glas Tomatensaft. Beliebt war Sellerie schon immer – in den vergangenen Jahren hat der Allrounder in der Küche aber einen wahren Aufstieg erlebt. 277 unterschiedliche Sellerierezepte weist allein ein deutsches Kochportal aus, man kann sich also quasi durchs Jahr kochen, ohne auch nur einmal das Gleiche zu essen.

Wie kam der Sellerie aufs Siegertreppchen? In der Antike schmückten sich die Sieger sportlicher Wettkämpfe, wie beispielsweise bei den Nemëischen Spielen, die alle zwei Jahre im Heiligtum von Nemea zu Ehren des Zeus ausgetragen wurden, mit Kränzen aus Lorbeer- und Sellerieblättern aus der Stadt Argos. Homer erzählt in der „Odyssee“, dass Sellerie das Lieblingsgemüse der betörenden Zauberin Kalypso sei. Vielleicht stammt daher das sich hartnäckig haltende Gerücht, er habe eine aphrodisische Wirkung. Die antiken Griechen jedenfalls verehrten die Pflanze als heilig und die Römer vertrauten auf seine aphrodisische Wirkung derart, dass man Freudenhäuser mit Bildern von Sellerie dekorierte. Selbst die Mediziner des Mittelalters nutzten seine lustfördernden Eigenschaften, mehr noch aber seinen medizinischen Charakter. Er galt als harntreibend und magenreinigend und könne letztlich auch bei rheumatischen Erkrankungen hilfreich sein. Seine positive Wirkung auf Gicht und Rheuma machen ihn auch heute noch zu einem wertvollen Helfer in der ayurvedischen Medizin.

Wie ich auf Sellerie aufmerksam wurde

Während meiner Zeit im Bremer Parkhotel beobachtete ich, dass dort anlässlich hochkarätiger Weinproben auffällig häufig mit Sellerie gekocht wurde. Bei fast allen offiziellen Menüs, in deren Mittelpunkt die hochklassigen Gewächse aus Bordeaux standen, kam Sellerie in irgendeiner Form auf den Tisch. Seine aphrodisische Qualität erschien mir als Begründung hierfür irgendwie nicht ganz plausibel. Das wäre mit der hanseatischen Etikette kaum vereinbar gewesen. Des Rätsels Lösung offenbarte mir Anfang der Neunziger-Jahre der Maître der Commanderie de Bordeaux in Bremen: Sellerie, so erzählte der weinkundige Genießer, passe ideal zu roten Weinen aus dem Bordeaux, egal ob sie jung und tanninbetont oder bereits weit gereift seien. Meine Neugier war geweckt.

Zurück im Restaurant besprach ich mit unserem Küchenchef dieses Phänomen, um eventuellen weiteren Geheimnissen auf die Spur zu kommen. Schnell waren wir uns einig, es auszuprobieren. Wozu lange rätseln, ob diese Theorie stimmen konnte, wenn wir der Frage doch einfach auf dem eigenen Teller und im eigenen Glas auf den Grund gehen konnten. Mit Eifer kredenzte der Küchenchef zunächst einmal, was man mit Sellerie als Hauptbestandteil zubereiten kann: Selleriecremesuppe, Selleriesalat, gedünsteter Sellerie als Gemüse, Selleriepüree und zum Schluss auch gebackener Sellerie – wir schwelgten in Variationen aus Sellerie.

Der Sellerietest

Drei rote Tropfen aus verschiedenen Anbaugebieten und mit unterschiedlicher Stilistik haben wir damals ausprobiert. Zwei Stunden lang wurden Gläser geschwenkt und immer wieder ein Löffel oder eine Gabel zum Mund geführt. Jeder Wein wurde mit allen Speisen kombiniert, analysiert und mit immer mehr Vergnügen genossen. Was für ein genüssliches Experiment! Das Ergebnis war verblüffend, denn die Tannine des zu jungen Weines wurden über den Sellerie ganz geschmeidig eingebunden, während die reifen Tropfen an Frische und Eleganz gewannen, sogar oxidative Komponenten schienen wie ausradiert und die Weine erstrahlten fast in neuer Jugendlichkeit. Falls Sie beim Lesen die Zeilen Lust auf einen solchen Test haben, wäre dieser ganz einfach zu bewerkstelligen. Ein Selleriesüppchen, Sellerie-Kartoffelpüree, gedünsteten Sellerie und eventuell ein Sellerietempura sind einfach zuzubereiten. Fehlen nur noch drei unterschiedliche Weine. Den Chianti Classico Riserva von Brancaia nehmen wir als Vertreter der jugendlichen Tannine, die in der Kombination mit den Gemüsezubereitungen wunderbar abgemildert werden. Dabei kommt die Frucht des Weines, besonders die feinen Noten schwarzer Kirschen, Maulbeeren und getrockneten Feigen wunderbar zur Geltung. Das Beispiel für Säure und Tannin in Kombination bringt der 2021er Barbera d’Alba „Piana“ von Ceretto, der in der Sellerie-Kombination einen fast seidigen Charakter entwickelt und mit zarten Beerenfruchtaromen und einem Hauch Vanille glänzen wird. Bleibt noch der Test mit einem Wein, der eine beginnende Reife zeigt, wie ein 2019er Château Certan de May aus Pomerol. Auch hier werden die Tannine geschickt eingebunden, aber der Wein präsentiert sich mit einem fast samtigen Charakter und einer nahezu mineralischen Frische. Dass seine Aromenfülle wieder etwas mehr eine fruchtbetonte Richtung zeigt und etwas weiter weg von den Reifearomen ist, ist nur ein netter Nebeneffekt. Ich bin ziemlich überzeugt, dass Sie nach diesem Selbstversuch auf Sellerie setzen werden, um sich auf der sicheren Seite zu wissen. Ist ein Rotwein zu jung, macht Sellerie ihn geschmeidig, zeigt er zu fortgeschrittene Reifenoten, frischt er den Duft wieder auf. Vielleicht hauchen Sie ja mit diesem Trick einigen alten, vergessenen Schätzen aus Ihrem Weinkeller wieder neues Leben ein. Ein Versuch lohnt allemal.

Autor/-in Markus del Monego

Sommelier-Weltmeister und Master Sommelier

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